Schiffs-Modelle
Rekonstruktionen nach antiken Funden und Darstellungen
Die Entdeckung, wie sich Holz zum Bau von seetüchtigen Schiffen verarbeiten lässt, gehört zu den großen technischen Errungenschaften der Menschheitsgeschichte und löste eine wahre Revolution aus. Denn diese Erfindung, die unabhängig voneinander in verschiedenen Teilen der Welt gelang, erschloss nicht nur dem Fischfang neue Dimensionen, sondern eröffnete den Hochkulturen der Antike ganz neue Möglichkeiten, Kommunikation über große Distanzen aufzubauen und zu beschleunigen. Daraus folgten Entdeckungen anderer Regionen und Kulturen, Handel mit (seltenen) Rohstoffen und Produkten (in neuen Maßstäben), aber letztlich auch militärische Konflikte um Ressourcen und Einflussbereiche und entsprechende Kolonialisierungsbestrebungen.
Im Mittelmeergebiet setzte der Bau einfacher Boote nachweislich etwa im 8. Jahrtausend v. Chr. ein. Die Ägypter perfektionierten den Schiffsbau seit dem 4. Jahrtausend, um den Nil als weitreichende Wasserstraße ausnutzen zu können. Aber erst im 3. Jahrtausend etablierte sich dank verbesserter Solidität der Schiffe ein reger Handel zur See von Ägypten über die Levante bis in die Ägäis mit Byblos als zentralem Umschlagplatz. Damit war dem Austausch von Know How gewissermaßen keine Grenzen mehr gesetzt.
Der Schiffsbau wurde im Verlauf des Altertums immer weiter perfektioniert, um gegen die Herausforderungen des Meeres gefeit zu sein und die Schiffe flexibel, schnell und wendig zu machen. Letztlich bedeutete das aber auch, dass man damit begann, für jeden Bedarf neue Schiffstypen zu schaffen, die den besonderen Anforderungen (z. B. Fassungsvermögen Personen oder Fracht) jeweils optimal Genüge leisteten. Paddel wurden durch leistungsfähigere Ruder (Riemen) ersetzt, die Anzahl der Ruderer später durch die versetzte Positionierung der Ruderbänke erhöht und so das Kräfteverhältnis zwischen Antrieb und Bootslänge verbessert. Schließlich wurde der Einsatz von Segeln zum Ausnutzen der Windkraft immer raffinierter. Die Ingenieurskunst des Schiffsbaus war entfacht und einem permanenten Wettbewerb ausgesetzt.
Nachbauten von Schiffen en miniature erfreuten sich bereits in der Antike großer Beliebtheit. Heute sind die Modelle meistens das Erzeugnis vereinzelter Hobby-Konstrukteure, die mit viel Leidenschaft und Akribie versuchen, so realitätsgetreue Reproduktionen wie möglich zu erstellen. Im Falle der antiken Schiffe erfordert das viel Sachverstand. Denn die Modelle imitieren nicht einfach existente Boote in einem kleineren Maßstab. Vielmehr übersetzen sie fragmentarische Originale in Form von Schiffswracks oder bildliche Darstellungen von Schiffen in dreidimensionale Objekte, die nach nautischen und bautechnischen Kriterien vervollständigt sind. Für die Erforschung des antiken Schiffsbaus liefern sie damit neben den aufwendigen Nachbauten im Maßstab 1:1 bis 1:3 wichtiges Anschauungsmaterial und die Grundlage für weiterführende theoretische Überlegungen.
In der Ausstellung werden 14 Modelle von Vorbildern aus 4 Jahrtausenden gezeigt, die alle gängigen Arten von Schiffen vor Augen führen: Frachter, Schlachtschiffe, Ausflugsboote und sogar Lebendfischbarken. Ihr kultureller Hintergrund reicht von Ägypten über die Ägäis nach Rom und bis in die Breitengrade der römischen Nordwestprovinzen, schließt also See- und Flussschifffahrt gleichermaßen mit ein.
Verantwortlich für das Zustandekommen dieser eher ungewöhnlichen Schau in der Antikensammlung ist eine Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Unterwasserarchäologie e. V. (DEGUWA), deren Jahrestagung vom 8. bis 13. April 2025 bei uns in der Würzburger Residenz zu Gast sein wird. Als Begleitprogramm zur Ausstellung bietet überdies das Würzburger Altertumswissenschaftliche Zentrum (WAZ) aktuell eine Ringvorlesung zur Unterwasserarchäologie an: „Antiquitas submersa – Geheimnisse der Unterwasserarchäologie“. Informationen zum Programm erhalten Sie unter www.uni-wuerzburg.de/forschung/waz/.
Unser Dank gilt allen Modellbauern und Leihgebern: Stefan Achterberg, Michael Bormann, Max Fiederling, Thomas Guttandin, David Usher sowie dem Museum für Antike Schifffahrt in Mainz und dem LVR-Archäologischen Park Xanten.
19. November 2024 bis 13. April 2025
Ort: Martin von Wagner Museum | Antikensammlung, Residenzplatz 2, Tor A, 3. Stock
Öffnungszeiten: Di-Sa 10 bis 13:30 Uhr, So 14täglich 10 bis 13:30 Uhr
Der Eintritt ist frei.